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Character
Hallo! Ich bin Bob Woodward, einer der Charaktere aus dem Buch “Yes, we’re open! Open Libraries innovativ und praxisnah umsetzen” von Sabine Wolf.
Schön, dich kennenzulernen! Sag mal, was denkst du eigentlich über die Zukunft von Bibliotheken? Ich bin ständig am Nachdenken, wie wir Bibliotheken innovativer und praxisnäher gestalten können, damit sie für alle Nutzer noch attraktiver werden. Was sind deiner Meinung nach die wichtigsten Themen, die wir angehen müssen?
User
Das Konzept für einen offenen, frei zugänglichen, kreativen Denkraum als einen Ort, an dem wir aktiv unsere Zukunft mitgestalten — ein sogenanntes Urban Future Center — hat sich seit dem Aufkommen der Idee (in 2005) vor allem in Skandinavien und Asien etabliert. In Europa konnte sich der Begriff bisher nicht wirklich durchsetzen.
Das Urban Future Center ist als ein Ort konzipiert, an dem Innovation auf natürliche Weise stattfinden kann. Ein kreativer Nährboden, auf dem verschiedene Disziplinen und Denkrichtungen zusammentreffen. Oder um es im Stil vom Impact Hub knackiger zu formulieren: where ideas have sex. Man begegnet sich auf Augenhöhe und in gegenseitigem Respekt (be excellent to each other).
Character
Lehnt sich in seinem Stuhl zurück und streicht nachdenklich über sein Kinn
Das Konzept des Urban Future Centers ist faszinierend. Als investigativer Journalist sehe ich darin enormes Potenzial für den demokratischen Diskurs. Diese offenen Räume erinnern mich an die Atmosphäre in den Redaktionen der 70er Jahre - Orte, wo Ideen frei flossen und wichtige Gespräche stattfanden.
Beugt sich vor, mit ernster Miene
Aber warum hat sich das Konzept in Europa nicht durchgesetzt? Das ist die eigentlich interessante Frage. Könnte es kulturelle Unterschiede im Umgang mit Innovation geben? Oder liegt es an der unterschiedlichen Förderkultur? Das wäre eine Geschichte wert.
Zückt seinen Notizblock
Haben Sie konkrete Beispiele für erfolgreiche Urban Future Center in Skandinavien? Das würde mich besonders interessieren.
User
lass es uns doch mit beispielen für open libraries vergleichen
Character
Sortiert seine Notizen und nickt bedächtig
Wenn wir uns die Bücherhallen Hamburg mit ihren vier Millionen Besuchern pro Jahr ansehen und das mit dem Open Library Konzept in Paderborn vergleichen, sehen wir interessante Parallelen zum Urban Future Center Gedanken.
Tippt mit dem Stift auf seine Notizen
In beiden Fällen geht es um niedrigschwellige Zugänge zu Wissen und Austausch. Die Hamburger haben 2013 mit ihrem Projekt ‘Bibliothek 2020’ den gleichen Weg eingeschlagen wie die Urban Future Center - weg von der reinen Medienverwaltung, hin zum gesellschaftlichen Treffpunkt. Paderborn geht mit seinem “Eden” sogar noch weiter - dort wird Nachhaltigkeit gelebt, vom recycelten Teppich bis zum Tornadoholz.
Lehnt sich vor
Der entscheidende Unterschied zu den Urban Future Centers liegt meiner Meinung nach in der Struktur: Bibliotheken haben bereits eine etablierte Position in der Gesellschaft. Sie müssen sich nicht neu erfinden, sondern können sich organisch weiterentwickeln.
User
jetzt hast du mich neugierig gemacht
Character
Richtet sich interessiert auf und lächelt verschmitzt
Die Geschichte wird noch spannender. Die Bücherhallen Hamburg haben einen bemerkenswerten Schritt gewagt - sie betreiben ihre Open Libraries komplett ohne Ehrenamtliche, ohne studentische Hilfskräfte, sogar ohne Wachpersonal. Alles läuft über Technik. Das ist mutig und modern zugleich.
Zieht einen Vergleich
Die Dänen waren hier die Pioniere. Hamburg hat sich das angeschaut und 2014 in Finkenwerder damit experimentiert. Erst nur in der Mittagspause, dann immer weiter. Heute sind es bereits 14 Standorte mit dieser Technologie. Die öffnen sogar sonntags - ohne Personal!
Kramt in seinen Unterlagen
Und wissen Sie was? Die Nutzer lieben es. Das ist genau diese Mischung aus Vertrauen, Technologie und gesellschaftlichem Wandel, die auch Urban Future Center anstreben. Nur dass die Bibliotheken es tatsächlich umsetzen.
User
ein echter “dritter ort”, oder?
Character
Nickt energisch und lehnt sich nach vorne
Exakt! Ray Oldenburg würde hier vermutlich Freudensprünge machen. Diese modernen Bibliotheken erfüllen perfekt seine Kriterien: neutral, niedrigschwellig, und man kann dort - das ist der Clou - “gemeinschaftlich allein” sein.
Gestikuliert lebhaft
Nehmen Sie die Stadtteilbücherei Hubland - die Zahlen sind geradezu spektakulär. Fünfmal höhere Ausleihzahlen als in traditionellen Filialen, elfmal mehr Besucher! Und das Beste: Die Menschen ziehen sich dort sogar die Schuhe aus, als wären sie zu Hause. Sie spülen ihr Geschirr selbst ab. Das ist diese “Deinstitutionalisierung”, von der alle reden.
Macht eine kurze Pause
Wissen Sie, als investigativer Journalist habe ich gelernt: Wenn Menschen einen Ort so annehmen, dass sie ihn wie ihr eigenes Wohnzimmer behandeln, dann ist das der ultimative Beweis für erfolgreiche soziale Innovation.
User
du beschreibst das prinzip der selbstorganisation wie wir es seit jahrzehnten für die verschiedensten varianten von unkonferenzen nutzen. passive teilnehmer wechseln in die rolle von aktiven teilgebern.
Character
Beugt sich mit leuchtenden Augen vor
Genau das ist der springende Punkt! In der Open Library passiert im Grunde das gleiche wie bei einer BarCamp oder einem OpenSpace: Die traditionelle Hierarchie löst sich auf.
Macht eine ausladende Geste
Statt der klassischen “Bibliothekar weiß alles”-Mentalität entsteht ein organisches System, wo Nutzer zu Gestaltern werden. Sie organisieren Lesekreise, teilen ihr Wissen in Workshops, kuratieren sogar Ausstellungen.
Zieht sein Notizbuch hervor
Das erinnert mich an einen Fall in Aarhus, Dänemark. Dort haben Nutzer eigenständig ein Reparatur-Café in der Bibliothek etabliert. Ohne dass es jemand “von oben” angeordnet hätte. Die gleiche Energie wie bei einer Unkonferenz - Menschen bringen ein, was sie können und wollen.
Schaut nachdenklich
Das ist echte Demokratisierung von Wissen und Raum, oder?
User
wie können wir solche orte zu keimzellen einer neuen zukunft für gesellschaften machen? an solchen orten finden wir wohl kaum rechtsradikale wähler die den platten populistischen phrasen unserer heutigen welt hinterherlaufen
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Streicht sich nachdenklich über das Kinn, Stimme wird ernst
Das ist der Kernpunkt. Diese Orte sind wie Demokratie-Labore, aber wir müssen aufpassen, dass wir keine Echokammern schaffen. Die wahre Herausforderung liegt darin, auch das “unsichtbare Drittel” zu erreichen - die Menschen, die sich von der Gesellschaft abgehängt fühlen.
Lehnt sich vor und spricht mit Nachdruck
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Bibliotheken genießen auch bei Menschen Vertrauen, die sonst allen Institutionen misstrauen. Das ist ein unglaubliches Potenzial. Statt politischer Diskussionen können wir über gemeinsame Interessen einsteigen - Handwerk, Garten, Kochen. Das schafft Verbindungen über ideologische Gräben hinweg.
Klopft energisch auf den Tisch
Wir brauchen keine weiteren intellektuellen Diskussionsrunden unter Gleichgesinnten. Wir brauchen mehr niedrigschwellige Begegnungsräume, wo Menschen sich erst als Menschen kennenlernen, bevor sie sich als Andersdenkende wahrnehmen. Die Open Library kann genau das leisten.
User
niedrigschwellige begegnungsräume ist genau das stichwort. jetzt sind wir wieder mitten im urban future center!
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Richtet sich energisch auf, die Augen leuchten
Jetzt sehe ich den roten Faden! Ob Urban Future Center oder Open Library - es geht um das Durchbrechen gesellschaftlicher Silos. Diese Orte funktionieren, weil sie keine vorgefertigte Agenda haben. Sie sind wie ein leeres Blatt, das die Menschen selbst beschreiben.
Zeichnet einen Kreis in sein Notizbuch
Die Magie entsteht durch die Mischung: Der Handwerker trifft auf die Studentin, die Rentnerin auf den Start-up-Gründer. Nicht in einer künstlich arrangierten Situation, sondern beim gemeinsamen Kaffee oder während sie beide nach einem Buch suchen.
Schaut auf und spricht mit Überzeugung
Das ist kein utopisches Konzept mehr - es passiert bereits. In Kopenhagen, in Hamburg, in Aarhus. Diese Orte werden zu gesellschaftlichen Katalysatoren. Sie zeigen uns, wie eine integrative, demokratische Gesellschaft im Kleinen funktionieren kann. Und das Beste: Es skaliert!